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EXTERNALISierungs-

POLITIK DER EU –

KOOPERATION

MIT DRITTSTAATEN

Unter dem Schlagwort „Externalisierung“ versucht die EU gegenwärtig, die Verantwortung und Durchsetzung von migrationspolitischen Kontrollen und Restriktionen auf Drittstaaten zu verlagern.

Die europäische Herangehensweise:

umfasst Kooperation mit Drittstaaten in Belangen von Grenzsicherung und Migration

zielt auf die Eindämmung irregulärer Migration

beinhaltet die Stärkung der dafür in Frage kommenden Länder sowohl materiell, finanziell als auch logistisch

SUBSAHARA-AFRIKA

ALS NEUER MIGRATIONS-

POLITISCHER „HOTSPOT“

Gegenwärtig rückt die Kooperation mit afrikanischen Ländern verstärkt in den Fokus der EU. In Ländern wie Niger, Mali, Nigeria oder Senegal versucht die EU gezielt entwicklungs- und sicherheitspolitische Lösungsansätze vor Ort zu implementieren, um den Migrationsdruck zu reduzieren. Dabei ist neben der Schulung von Sicherheitskräften und der Bereitstellung von finanzieller und materieller Hilfe auch die aktive Bekämpfung der Schlepperindustrie von zentraler Bedeutung.

Niger, 2019: Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte im Rahmenihrer Afrikareise 2019 eine von der EU (EUCAP–Mission) ausgebildete Polizeieinheit. © picture alliance, REUTERS, Andreas Rinke
Außenminister Ahmet Davutoğlu, EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker 2016 bei einem Gipfel in Brüssel anlässlich der EU-Türkei-Erklärung.
© picture alliance, AA, Dursun Aydemir

DIE EU-TÜRKEI-

ERKLÄRUNG:

„MUSTERBEISPIEL“ EINER

KOOPERATIONSPARTNERSCHAFT?

Die am 18.03.2016 abgeschlossene EU-Türkei-Erklärung, auch als
EU-Türkei-Deal bekannt, war eine der ersten EU Kooperationen mit einem Drittstaat im Rahmen der starken Einwanderung seit 2015. Die EU verfolgte damit das Ziel, die östliche Fluchtroute über die Türkei und die Ägäis langfristig zu schließen. Der Schulterschluss mit der Türkei beruht dabei auf folgenden Prämissen:

Unterbringung von Flüchtenden aus Syrien

Rückführung von Flüchtenden, die:
a) keinen internationalen Schutz benötigen
b) irregulär von der Türkei nach Griechenland migriert sind

Ausbau des türkischen Grenzschutzes

Im Gegenzug hat die EU in Aussicht gestellt:

3 Milliarden Euro an Zahlungen, später auf 6 Milliarden erweitert

Aussicht auf Visaliberalisierung für türkische Staatsangehörige

Ende Februar 2020 versuchte die türkische Regierung, eine große Wanderungsbewegung über die Landgrenze nach Griechenland auszulösen. Der griechische Grenzschutz verhinderte eine weitere Zuspitzung der Lage. Die Vereinbarung von 2016 liegt nach wie vor im beiderseitigen Interesse.

Externalisation–

between

“Run-Up Combat”

and Outsourcing

Under the banner of “externalisation”, the EU is currently trying to shift the responsibility and enforcement
of migration policy controls and restrictions to third
countries. The European approach:

includes cooperation with third countries in border management and migration issues

aims to curb irregular migration

includes providing support with infrastructure issues
as well as financial aid and logistics.

REGIONALE

AUSSCHIFFUNGS-

ZENTREN

GRUNDLEGENDES:

Bereits seit den 1980er Jahren werden verschiedene Vorschläge zur Einrichtung von Aufnahmezentren für Flüchtlinge außerhalb der EU diskutiert. Diese sollen die Durchführung von Asylverfahren beschleunigen, sowie die Rückführung abgelehnter Asylbewerber*innen vereinfachen. Allerdings gibt es bis heute keine konkrete Umsetzung dieser Vorschläge.

„Mehr denn je brauchen wir gemeinsame europäische Lösungen für die Herausforderungen der Migration. Wir sind bereit, die Mitgliedstaaten und Drittstaaten zu unterstützen, um eine bessere Zusammenarbeit bei der Ausschiffung von auf See geretteten Menschen zu erreichen. Damit dies aber vor Ort umgehend Wirkung zeigt, müssen wir gemeinsam handeln – nicht nur jetzt, sondern auch auf lange Sicht. Wir müssen auf nachhaltige Lösungen hinarbeiten.“

Dimitris Avramopoulos, EU-Kommissar für Migration, Inneres und Bürgerschaft, 24.07.2018

Mögliche Standorte regionaler Ausschiffungszentren, Europäische Kommission 2018
Geplante Anlandezentren
Schiffe mit aus Seenot
geretteten Flüchtlingen
Gewässerhoheit EU
Gewässerhoheit Drittstaaten
Ausschiffung in Drittstaaten, Europäische Kommission 2018

RECHTLICHE VORGABEN

Eine Rückführung ohne Prüfung individueller Schutzansprüche steht im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention.

Das internationale Seerecht muss beachtet werden.

In den Zentren gelten nationales Recht und die allgemeinen Menschenrechte.

POLITISCHE DEBATTE

Rückführung in Drittstaaten außerhalb der EU, dortige Prüfung des Schutzanspruchs
PROBLEM: kein EU-weit einheitliches Asylsystem

„Kontrollierte Zentren“ in EU-Mitgliedsstaaten
PROBLEM: keine einheitliche EU-interne Flüchtlingsverteilung

„Ausschiffung“ in Drittstaaten ohne Prüfung von Schutzansprüchen
PROBLEM: umstrittene Rechtsgrundlage

Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem EU-Afrika-Gipfel 2017 © picture alliance, REUTERS, POOL
Flüchtlingslager in den Außenbezirken von Athen © Unsplash, Julie Ricard

KRITIK

UND DISKUSSION

Rechtliche Unklarheiten

Keine klare Definition „sicherer Herkunftsstaaten“

Ablehnung seitens der möglichen Zielstaaten aus Angst vor Pull-Effekt, Sicherheitsproblemen und sozialen Spannungen

ALTERNATIVEN

Präventive / proaktive Maßnahmen: humanitäre Hilfe, Aufstockung von Schutzmaßnahmen, etc.

Schaffung legaler Fluchtwege

Kooperation bei der Verantwortungsteilung

Humanitäre Hilfe direkt vor Ort © piture alliance, AP Photo, Hannibal Hanschke

EU - KOOPERATION

MIT LIBYEN:

„VORFELDBEKÄMPFUNG“ In Der Praxis

Die Situation in Libyen gestaltet sich für die EU äußerst schwierig, da man gegenwärtig nicht von einem funktionierenden libyschen Staat sprechen kann.

Das ehemalige Bürgerkriegsland ist seit dem Sturz Gaddafis 2011 eines der wichtigsten Transitländer für Flüchtlinge, die sich auf den Weg in Richtung Europa machen. Die von der EU sowie der internationalen Staatengemeinschaft offiziell anerkannte Nationale Regierung mit Sitz in Tripolis ist bis dato die erste Ansprechpartnerin, wenn es um die Eindämmung der Fluchtmöglichkeiten und die Rücknahme von Geflüchteten geht. Parallel dazu hat Libyen, unterstützt durch E U -Staaten, seinen Grenzschutz verstärkt und die Küstenwache ausgebaut.

KONTROLLZONEN:
Übergangsregierung und regierungsfreundliche Milizen
Libysch-Nationale Armee und ihre lokalen Verbündeten
Amazigh Milizen
Tuareg Milizen
Tebu Milizen
Islamischer Staat
NEUE ROUTEN:
Hauptrouten
Nebenrouten
Internierungslager
Hauptablegepunkte
Vormarsch General Haftars
Libyen 2018: Die Karte zeigt die territoriale Fragmentierung des Bürgerkriegslandes sowie die Position der Internierungslager, European Council on Foreign Relations 2018
Geflüchtete warten in einem Internierungslager in Libyen auf ihr weiteres Schicksal.
© picture alliance, REUTERS, Ismail Zitouny

GEGENWÄRTIG BESTIMMEN

FOLGENDE PARAMETER

DIE SITUATION IN LIBYEN:

Zersplitterung des Landes in mehrere Einflusszonen, die entweder von einer der zwei Regierungen oder von Milizen bzw. lokalen Clans beherrscht werden

Vormarsch von Ex-Gaddafi General Chalifa Haftar und dessen Truppen der Libyan National Army (LNA) auf Tripolis

Anhaltender Migrationsdruck, primär von Süden trotz verschärfter Grenzkontrolle

Der Krieg in Libyen wird immer mehr zum internationalen Stellvertreterkrieg: immer mehr Mächte mischen sich ein und unterstützen eine der Konfliktparteien.

MENSCHENRECHTLICHE

SITUATION:

INTERNIERUNGSLAger

UND MILIZEN

Im Zuge der Externalisierungsbemühungen wurde in Libyen eine Reihe von Internierungslagern sowohl entlang der Küste als auch im Landesinneren errichtet. In diesen Auffanglagern werden die auf ihrer Flucht abgefangenen Flüchtenden interniert und am Weiterkommen gehindert. Hierbei kommt es oftmals zu massiven Menschenrechts- verletzungen. Neben allgemein schlechten Umständen in den Lagern sind die Flüchtlinge dort nahezu schutzlos: Misshandlungen durch das Wachpersonal und Milizen, Vergewaltigung, Erpressung bis hin zu Folter und Menschenhandel sind an der Tagesordnung. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) befanden sich 2020 mindestens 3.200 Menschen in solchen Sammellagern. Besonders perfide: Die Erpressung und Misshandlung dient als rentables Geschäftsmodell, um von den Angehörigen der Flüchtenden Geld im Austausch für deren Leben abzupressen.